22 März 2007

 

Die Macht der E-Mail

Da hat also ein Telekom-Mitarbeiter aus dem Festnetzbereich seinem Chef geschrieben.

Besser gesagt, er hat dem Vorstandsvorsitzenden des Konzerns, René Obermann, eine E-Mail geschickt. Nicht nur an ihn übrigens, sondern auch gleich noch an andere Vorstände und die Gewerkschaften. Darin beklagt er sich unter anderem über die "Arroganz und Selbstherrlichkeit" des Managements, das "skrupellos einen immer größeren Scherbenhaufen hinterlasse" und hinterher mit "voll gestopften Taschen" weiter ziehe wie "Heuschrecken". Darüber, dass sich die Vorstände die Klinken reichten und von Unternehmensbindung so gar nichts zu spüren sei.

Die Mail sprach offensichtlich tausenden von Kollegen aus der Seele. Und nicht nur denen. Jedenfalls verbreitete sich der Inhalt der Mail wie das berühmte Lauffeuer und wurde in zahlreichen Blogs und Onlineausgaben diverser Zeitschriften gepostet.

Ob es die Mail selbst war oder der durch ihre Verbreitung gewachsene öffentliche Druck, der Obermann nun antworten ließ, ist nicht ganz klar. Auf jeden Fall hat er nun geantwortet. Allerdings tat er es nicht in einer Mail an den besagten Mitarbeit, sondern in einer Rundmail an den Riesenverteiler aller Telekom-Mitarbeiter. Darin ist von der mehrfachen "Überschreitung der Beleidigungsgrenze" zu lesen. Ferner von seiner sehr wohl vorhandenen (und vor allem gefühlten) Konzernzugehörigkeit. Außerdem rechtfertigt Obermann alle bisher getroffenen Maßnahmen innerhalb des Unternehmens und zeigt sich "sehr betroffen" davon, dass man sich in der Öffentlichkeit "in den Kneipen der Republik" über die Telekom lustig macht.

Wer darüber richten will, soll die E-Mails im genauen Wortlaut lesen und dann beurteilen.

Viel interessanter als deren Inhalte ist die Mechanik, in der ein offensichtlich zorniger "kleiner" Mitarbeiter den Dialog mit dem Vorstand eines Riesenkonzerns eröffnet. Als vor Jahren davon die Rede war, dass Blogs, E-Foren, Intranet und gewöhnliche E-Mails die bisher üblichen Hürden in der vertikalen Unternehmenskommunikation locker überschreiten würden, glaubten das viele nicht. Der vorliegende Fall und der Mut eines Einzelnen beweisen jetzt die Macht dieser lange unterschätzten Medien.

Ironischerweise fordert Obermann (wohlgemerkt Chef eines KOMMUNIKATIONSunternehmens) seine Mitarbeiter abschließend auf, die Diskussion künftig nur noch intern fortzuführen.

Herzlich willkommen in Absurdistan.

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